Schreiben im Skulpturenpark - Kunst und Wort

Schreibworkshop Kunst und Wort vom 31. August 2022, im Rahmen der Skulpturenausstellung "Kunst zum Anfassen" im Park der Villa Mettlen in Muri b. Bern

Einstimmung

 

Wenn ich über Kunst nachdenke
hüpft mein Herz

 

Wenn ich über Kunst nachdenke
fallen mir alte Meister ein

 

Wenn ich über Kunst nachdenke
erinnere ich mich an die letzte Ausstellung

 

Wenn ich über Kunst nachdenke
freue ich mich auf den Besuch der Dokumenta

 

Hier im Mettlen Park
schreiben ein paar Interessierte über Kunst.

Blumenkopf

 

Ich bin von Hand geschaffen
aus Ton geformt

zwei Mal gebrannt

bin wintertauglich

Mittelschwer im Gewicht
mein Gesicht gleicht das einer Frau

meine Haarpracht besteht aus Efeu
giessen und nicht waschen,
das weiss Heidi, meine Schöpferin,
dann erwecke ich viele Jahre Freude
und lächle immerfort.

Grosse Liebe

 

Ich erzähle dir gerne von meiner ersten grossen Liebe. Im Gegensatz zu mir, hat sie gerne geredet. Nach unserer ersten Verabredung hat sie mir ein leeres Buch geschenkt „auf dass wir uns bald wieder sehen“, hat sie gesagt, "du sollst die leeren Seiten mit Buchstaben füllen“.

 

Woher kommst Du? Begann mein erster Satz. Darauf folgten zwei leere Seiten; danach ein paar gezeichnete Buchstaben. Ich musste immerfort an sie denken. Das erste Kapitel erzählte dann von einer Skulptur im Mettlen Park. Sie bestünde nur aus Buchstaben. Und bei richtigem Lichteinfall, zeige sie ihr hübsches Gesicht - meine zweite grosse Liebe.

Schreibworkshop Kunst und Wort vom 14. September 2022, im Rahmen der Skulpturenausstellung "Kunst zum Anfassen" im Park der Villa Mettlen in Muri b. Bern

Einstimmung

 

Wenn ich über Kunst nachdenke,

erinnere ich mich an kreative und tanzende Momente in meinem Leben.

 

Wenn ich über Kunst nachdenke,

fliegen meine Gedanken auf und davon.

 

Wenn ich über Kunst nachdenke,

hüpft meine Seele auf und ab.

 

Wenn ich über Kunst nachdenke,

empfindet mein Körper Freiheit.

 

Heute hier im Mettlenpark

verspüre ich Vorfreude aufs Schreiben.

 

Karin Bütikofer, Jegenstorf

Säule

 

Ich bin eine Säule und stehe aufrecht zwischen Himmel und Erde.

 

Die Verbindung zur Erde vermittelt mir Stabilität.

Ich fühle mich getragen und gehalten. Dadurch verspüre ich Sicherheit und Unterstützung.

 

Die Verbindung zum Himmel schenkt mir Freiheit.

Ich entdecke Spielräume und schicke meine Fantasie auf Reisen. Dadurch verspüre ich

Gelassenheit und Präsenz.

 

Ich wünsche mir, dass meine Betrachter*innen genau das aus unserer Begegnung mitnehmen

können, was sie im Moment gerade brauchen.

 

Karin Bütikofer, Jegenstorf

 

Wortlos

 

Buchstaben rosten langsam vor sich hin.

Sie bewegen sich träge in meinem Bauch,

nehmen ab und zu Kontakt auf zu meinem Kopf.

Aus Buchstaben entstehen schnell Worte.

Sie tanzen schneller in meinem Kopf,

nehmen ab und zu Kontakt auf zu meiner Persönlichkeit.

Aus Buchstaben und Worten entstehen schnell und noch schneller Sätze,

erzählen Geschichten aus längst vergangenen Zeiten.

Erinnerungen aus meiner gespeicherten Bildergalerie werden sichtbar

und zaubern mir Konturen auf mein Gesicht.

Wortlos – Wortvoll

 

Karin Bütikofer, Jegenstorf

Fünf Pagoden

 

Fünf Pagoden

Ich setze mich zu ihnen

und werde stille

unter meinem Gesäss

wachsen Wurzeln

aus uralter Zeit

Fünf grosse rote Kerzen

habe ich mitgebracht

Flammen der Weihung

Flammen der Dankbarkeit

Deine Erinnerungen

verrätst du mir nicht

Meine sind die Stupas aus Nepal

Ich umschreite jede Pagode

Innerlich drehe ich Gebetsmühlen

Tempelwächter

 

Da steh ich. Lange schon.

 

Stehe da und wundere mich, lange schon. Eigentlich weiss ich nicht wie Tempelwächter aussehen. Ich bin nämlich der einzige weit und breit. Und mich selbst sehen kann ich auch nicht. Ich stehe da, schwer und kompakt, unbeweglich. Lange schon.

 

Aus Holz von einem Mammutbaum sei ich, das höre ich immer wieder von Menschen, die mich bewundern. Oft denke ich an meinen Mammutbaum, wie der wohl ausgesehen hat? Mächtig stelle ich ihn mir vor. Gross, ausladend und stark.

 

Ich bin also ein Tempelwächter. Lange schon. Seit meine Künstlerin mich kreierte. Monate schaffte sie, Späne flogen, Düfte entströmten dem Holz.

 

Ein Fremdling sei ich, hörte ich kürzlich Menschen sagen. Eigentlich müsste ich vor einer Pagode in China stehen. Und, viele meiner Kollegen seien Löwen, gerade dort in China. Auch das hörte ich und frage mich wie wohl Löwen aussehen?

 

Da stehe ich also. Lange schon. Weit und breit ist kein Tempel zu sehen. Mein Tempel ist das viele Grün, die Büsche und Bäume um mich herum. Der weite Himmel über mir, das taunasse Gras, auf dem ich stehe.

 

Ab und zu kommt ein Vogel mich besuchen, ruht sich auf mir aus. Da verhalte ich mich still, um ihn nicht zu stören. Regen wäscht mich prasselnd, die Sonne trocknet und wärmt mich. In den dunklen Nächten höre ich Käuzchen.

 

Ich fühle mich wohl hier. Stehe gerne hier und halte Wache.

 

Lange schon.

 

 

Ich bekam den Tempelwächter, sollte dazu etwas schreiben. Kannte ihn noch nicht, den schwarzen Wächter vor dem Eiskeller, sonst wäre meine Geschichte eine ganz andere geworden.

 

Irmengard Saller, Zürich